Nach Krebber-Abgang: CDU-Fraktion bisher vollständig

Emmerich(NRZ). Tim Krebber will eine neue Fraktion mit vier Mitgliedern gründen. Innerhalb der CDU werden die unschönen Geschichten ausgepackt.

Tim Krebber, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der CDU in Emmerich, ist aus der christdemokratischen Partei ausgetreten. Krebber ist damit auch nicht mehr Mitglied der CDU-Fraktion im Emmericher Stadtrat. Gegenüber der NRZ kündigte er an, mit drei weiteren CDU-Ratsmitgliedern eine neue Fraktion gründen zu wollen. Krebber verlässt die Christdemokraten im Streit. Er beklagt unter anderem ein „ehrabschneidendes“ und „beschämendes“ Verhalten einiger Mitglieder im Wahlverfahren um die Bürgermeisterkandidatur.

Krebber sieht sich benachteiligt

Gegen seine Mitbewerberin Claudia Lindlahr habe er persönlich nichts, betont Krebber. „Man kann sie gut finden und wählen“, sagt er. Aber er kritisiert, dass sie von der Parteispitze bevorzugt und seine Person systematisch schlecht geredet worden sei. So ärgert er sich über Gerhard Gertsen, der in großer Runde gesagt haben soll, man müsse Krebber als Bürgermeisterkandidaten verhindern. Die CDU müsse Krebber vor sich selbst schützen, soll er ferner gesagt haben. Krebber fragt sich, was das heißen soll? „Dass ich es eh nicht kann? Das ist schon ehrverletzend“, sagt er.

Gerhard Gertsen erklärt gegenüber der NRZ, dass er nach der ersten Runde der kleinen Findungskommission, in der sich die Kandidaten vorgestellt hatten, gesagt habe, wo die Schwächen von Krebber liegen. In einer größeren Runde habe er dann deutlich gemacht, dass er Claudia Lindlahr für die fähigere Kandidatin halte. Ob er dabei die Worte gewählt habe, die Krebber jetzt kritisiere, könne er nicht mehr sagen. Von den Vorwürfen habe er erstmals am Freitag in einer E-Mail Krebbers gelesen. „Wenn Tim Krebber ein Problem mit mir hat, dann erwarte ich, dass er auf mich zukommt und mir das sagt.“ Gertsen kritisiert eine schlechte Kommunikation Krebbers.

CDU-Vorstand: Krebber hätte jederzeit anrufen können

Krebber habe zwei E-Mails mit Forderungen und Fragen an den Vorsitzenden des Stadtverbandes, Matthias Reintjes, geschickt. Auf beide Mails habe er keine angemessene Antwort erhalten. Eine Mail sei von Reintjes lapidar beantwortet worden, aber auf seine Fragen sei er nicht eingegangen. Er sei über das Führungsverhalten des Vorsitzenden sehr enttäuscht.

Matthias Reintjes bestätigt der NRZ, dass er die Mails nicht beantwortet habe: „Es ist nicht meine Aufgabe, auf Mutmaßungen zu antworten.“ Die E-Mails seien gespickt mit Falschbehauptungen gewesen. Wenn er den Rücktritt von Parteimitgliedern fordere, dann solle er diese direkt dazu auffordern und dies nicht dem Parteivorstand zuschieben. „Für mich ist das ein vorsätzlich destruktives Verhalten.“ Krebber hätte ihn anrufen können oder eine WhatsApp schreiben: „Das hat er nicht getan. Er hätte sich wie ein erwachsener Mensch mit mir unterhalten können“, so Reintjes. Er lasse sich nicht schriftlich auf Fristsetzungen und Mutmaßungen ein. Das Vorgehen Krebbers sei parteischädigend. Reintjes stehe im Austausch mit dem Kreisparteivorsitzenden Günther Bergmann.

Kritik an Botho Brouwer

Das ehemalige CDU-Mitglied Krebber beklagt ferner, dass vor der Abstimmung über die Bürgermeisterkandidatur intern ein unschöner Wahlkampf geführt worden sei. Mitglieder seien angerufen und gedrängt worden, Claudia Lindlahr zu wählen. „Werbung in gewisser Weise ist in Ordnung, aber dass man mich schlecht gemacht hat, ist nicht in Ordnung.“ So sagt Krebber der NRZ, Botho Brouwer habe gesagt, er habe wohl Probleme mit seinem Arbeitgeber und das Bürgermeisteramt sei ein Ausweg für ihn. „Das finde ich nicht lustig“, so Krebber. Er hatte den Rücktritt Brouwers und Gertsens von allen Ämtern gefordert. „Warum orakelt Brouwer über meinen Arbeitgeber? So streut man Gerüchte.“

Auf die Vorwürfe angesprochen, sagte Botho Brouwer der NRZ, das sei „absurd“. Er habe Krebber sicher nicht schlecht gemacht und auch keine Behauptungen über seinen Arbeitgeber aufgestellt. „Ich will nicht verhehlen, dass ich orakelt habe. Aber ich habe keine Behauptungen aufgestellt und ich habe die Firma, in der Krebber arbeitet, nicht schlecht geredet“. Auf die Frage, ob es in Parteien nicht normal sei, dass es gerade bei der Kandidatensuche auch mal gemein zugehen könne, antwortete Krebber: „Es ging über ‚gemein‘ hinaus“.

Parteivorsitzender: Wahl ist fair verlaufen

Brouwer konnte nicht nachvollziehen, warum Krebber das demokratische Votum der Findungskommission und des Stadtverbandsvorstandes für Claudia Lindlahr nicht akzeptieren wollte. Zu den Vorwürfen, in der CDU sei vor der Abstimmung Stimmung gegen Krebber gemacht worden und die Mitglieder seien gezielt unter Druck gesetzt worden, Claudia Lindlahr zu wählen, sagte Brouwer der NRZ, jeder habe für einen Kandidaten geworben und die Mitglieder aufgerufen, zur Versammlung zu kommen. Auch aus dem Krebber-Lager seien gezielt Leute angesprochen worden, ihn zu wählen.

Mathias Reintjes stellt klar, dass aus seiner Sicht die Wahl zur Bürgermeisterkandidatur fair verlaufen sei: 135 Parteimitglieder seien zur Aufstellungsversammlung gekommen. Insgesamt seien 160 Personen vor Ort gewesen. Das Ergebnis sei eindeutig ausgefallen. „Ich habe den Eindruck, dass Krebber sich mit dem Ergebnis nicht abfinden kann.“

Warum der Streit zwischen Krebber und der CDU so eskalierte, beschäftigt auch Krebber. Vielleicht sei er als Fraktionsvorsitzender zu kritisch gewesen, mutmaßt er. „Ich war sehr kritisch als Vorsitzender und das kam vielleicht nicht gut an. Ich habe alles hinterfragt.“ Er habe aber nicht mit Dreck geworfen, betont er. Er habe alles wissen wollen. Im Juni 2023 wurde er Vorsitzender der CDU-Fraktion. Ein Jahr später gab er auf.

Das will Krebber mit einer neuen Fraktion

Tim Krebber will nun eine neue Ratsfraktion gründen. Ob sich die drei in Frage kommenden Mitglieder tatsächlich zu einem Austritt aus der CDU entschließen, bleibt abzuwarten. Einen Namen für die neue Fraktion hat Krebber noch nicht. Sicher sei aber, dass er sein Ratsmandat behalten werde und auch eine Zusammenarbeit mit einer anderen Fraktion könne er derzeit ausschließen. Die BGE schließt er definitiv aus und auch die Grünen sind ihm zu grün: „Obwohl sie in Emmerich keine unsympathische Politik machen“.

Für Krebber steht das Festhalten am Sparkurs ganz oben auf der politischen Agenda. Er könne nicht verstehen, dass die CDU bei den Ausschussgeldern nicht kürzen wolle. Die finanzielle Situation in Emmerich sei dramatisch. Ohne Sparen werde man so schnell nicht auf einen grünen Zweig kommen. Das Thema Schule sei für ihn ein weiteres Top-Thema. Aber auch hier spiele die Haushaltslage eine große Rolle. Auch die Politikfelder Integration und Inklusion stünden ganz oben auf seiner Liste. Er müsse feststellen, dass selbst die Rheinpromenade in Emmerich nicht barrierefrei sei.

Bislang keine weiteren Parteiaustritte

Sollten vier Mitglieder der CDU tatsächlich eine neue Fraktion gründen, dann hätte das Konsequenzen auf den politischen Betrieb in Emmerich. Es gibt insgesamt 36 Ratsmitglieder. Aktuell verfügt die CDU über 15 Ratsmitglieder, die SPD über 10, die BGE über 4, die Grünen auch über 4, die Freien Wähler Emmerich über 2 und die AfD ist mit einem Ratsmitglied vertreten.

Ob die neue Fraktion überhaupt zustande kommt, ist offen. „Bei mir ist noch kein Parteiaustritt angemeldet worden. Bis heute liegt mir nichts Entsprechendes vor“, sagt CDU-Stadtverbandschef Reintjes.