Interview Botho Brouwer : Pflicht: Geruchsgutachten fürs Dorf

 Seit 2006 bemüht sich Botho Brouwer, dass das alte Pioniergelände in Dornick (420 Einwohner) bebaut werden kann. Der Vorgang zeigt das Ausmaß, das die Bürokratie mittlerweile angenommen hat.

Zehn Häuser, eine Straße. Das ist das kleine Baugebiet in Dornick. Wie viele Aktenordner füllt die Sache mittlerweile eigentlich?

Botho Brouwers Insgesamt zehn Ordner. Einschließlich der Kontaktaufnahmen mit der g.e.b.b. (Gesellschaft für Beschaffung und Betrieb, Vorläufer der Bima) und der BIMA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) selbst. Dazu kommen interne Planungen der Interessengemeinschaft. Allerdings ist die Fülle der Gutachten viel aussagekräftiger: 2008 Entwässerungsstudie. 2016 Orientierte Gefährdungsabschätzung. 2018 Artenschutzrechtliche Prüfung, FFH-Gutachten, Landespflegerischer Begleitplan. 2019 Geruchsgutachten, Schalltechnisches Gutachten, Hydrologische Beurteilung, Versickerungsgutachten, Wasserrechtliche Erlaubnis, weitere Untersuchungen im Rahmen des Abbruchs, Bundesbodenschutzverordnung…

Die Menschen, die in Dornick auf dem Dorf ein Haus kaufen, wohnen nicht weit weg vom Bauern. Sie mussten als Unternehmer ein Geruchsgutachten in Auftrag geben. Das war kein Scherz, sondern Vorschrift. Können Sie erklären, was das soll?

Brouwers Nein, keine Erklärung, lediglich der Hinweis auf die Gesetzeslage, und um im Nachhinein Klagen abwenden zu können beziehungsweise zu vermeiden. Dass jedem Bürger, der dort wohnt oder der dort hinzieht, bewusst sein sollte, dass Gülle stinkt, findet keine Beachtung.

Wer erlässt eigentlich solche Vorschriften?

Brouwers Der Bund, das Land, der Kreis, am wenigsten die Kommune.

Sie sind schon lange im Geschäft. Wie lange hat es vor, sagen wir mal, 20 Jahren gedauert, bis die Genehmigung für ein Haus vorlag? Und wie lange dauert das heute?

Brouwers Die Genehmigung für ein Haus, wenn die eingereichten Pläne vollzählig sind, und wenn die Vorgaben des Bebauungsplans eingehalten sind, erfolgt in der Regel innerhalb von sechs Wochen bis drei Monaten. Das hat sich nicht wesentlich verändert, aber im Bebauungsplanverfahren sind Vorgaben aufwendiger geworden. In unserem Fall schwer nachvollziehbar, da bereits im Jahr 2008 ein mit der Bezirksregierung abgestimmter Rahmenplan, der unverändert eingehalten wurde, für Dornick vom Rat verabschiedet wurde.

Wie kommt es Ihrer Meinung nach, dass es immer mehr Vorschriften gibt, gerade wenn es um das Bauen geht?

Brouwers Weil in unserem Rechtsstaat mittlerweile alles im Vorhinein gegen Klageverfahren abgesichert wird.

Am Ende eine zugegeben etwas hypothetische Frage: Was glauben Sie: Wie lange hätte es mit der heutigen Vorschriftenlage wohl gebraucht, bis die Emmericher nach dem Krieg ihre Stadt wieder aufgebaut hätten?

Brouwers Ungefähr so lange wie die Bahnunterführung am Löwentor. (Anmerkung der Redaktion: Die Unterführung ist bis heute nicht fertig.)