Rede zur Haushaltsverabschiedung am 23.02.2021

Dr. Matthias Reintjes

Vorsitzender der CDU-Ratsfraktion

 

Rede zur Haushaltsverabschiedung am 23.02.2021

 

 

(Anrede),

es ist sicherlich ungewöhnlich und bis vor kurzem auch sicherlich undenkbar gewesen,

dass der Haushalt der Stadt Emmerich am Rhein ohne die Reden der Fraktionen zum

Haushalt abgestimmt wird. Im zweiten Jahr der Corona-Pandemie ist aber immer noch

vieles anders, d.h. von allen Bürgerinnen und Bürgern werden weiterhin Geduld,

Disziplin und auch Entbehrungen verlangt, um die Pandemie unter Kontrolle zu halten.

Für viele gilt in Zeiten des Lockdowns mittlerweile der Spruch: „Aufgeschoben ist nicht

aufgehoben“. Auf vieles vormals Alltägliche blicken wir heute alle mit Sehnsucht und

hoffen auf einen baldigen Erfolg der Impfkampagne.

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ bedeutet konkret, wir warten alle auf den

Restaurant-, Kneipen-, Kino- oder Theaterbesuch, einen unbeschwerten Urlaub, das

Treffen von Familie und Freunden ohne Kontaktbeschränkungen, den spontanen

Einkaufsbummel in der Innenstadt oder den langersehnten Besuch der Kita und

Schulen.

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gilt darüber hinaus aber auch für die Emmericher

Verwaltung. Die Corona-Pandemie hat im Kommunalwahljahr 2020 Prioritäten

verschoben und finanzielle Auswirkungen auch für den städtischen Haushalt

hinterlassen. Wegfallende Einnahmen, nicht geplante coronabedingte Mehrausgaben,

die personalintensive Nachverfolgung etc.. Das Jahr 2021, soviel kann bereits heute

gesagt werden, wird an diese Entwicklung anknüpfen.

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gilt aber auch für die Kommunalpolitik. Zahlreiche

Baustellen und Anträge aus der letzten Legislaturperiode sind noch nicht abgearbeitet.

Die CDU-Fraktion hat sich daher in den Haushaltsplanberatungen ganz bewusst

darauf konzentriert, bereits angestoßene Maßnahmen zu priorisieren:

 

  • das Dorfentwicklungskonzept in Praest,
  • den Glasfaserausbau in Emmerich und allen Ortsteilen,
  • die Entwicklung des Wemmer & Jansen-Geländes,
  • die Spielplatzoffensive

und schnelle Hilfen für den Einzelhandel

  • in Form des Stadtgutscheins für die Emmericher Gastronomie und den

Einzelhandel

 

auf den Weg zu bringen. Die Umsetzung unseres ambitionierten Wahlprogramms

„Kompetenz für unsere Heimat“ haben wir im Blick, Einiges ist aber aufgrund der

aktuellen Krisenlage – Sie ahnen es – „aufgeschoben, aber nicht aufgehoben“.

 

(Anrede),

die CDU wird dem Haushalt erneut nur mit Bauchschmerzen zustimmen. Wir als CDU

stellen uns der Gesamtverantwortung für die Stadt Emmerich, auch wenn wir einige

Entwicklungen mit großer Sorge betrachten.

 

(Anrede), bevor ich dazu komme, erst einmal die positiven Aspekte:

  1. Verwaltung und Rat haben in diesem Jahr der Versuchung widerstanden, die

Grund- und Gewerbesteuer zu erhöhen, das ist gut für die Bürger und war immer

ein Anliegen der CDU.

  1. Klima und Nahmobilität: Die Bürgerinnen und Bürger erwarten konkrete

Vorschläge vom Stadtrat. Dass es hier einen fraktionsübergreifenden und

pragmatischen Ansatz für die Einführung eines Umwelt- und Klimaausschusses

gegeben hat, begrüßen wir. Wir sind auf die Arbeit des Klimaschutzmanagers

gespannt. Gespannt sind wir auch auf die Umsetzung des Fuß- und

Radverkehrskonzeptes. Hier gilt es auch, gegenüber den verantwortlichen

Stellen, noch einmal den EÜ – Radweg am Löwentor einzufordern. Die mehr als

10 Jahre alten Planungen müssen nach Auffassung der CDU-Fraktion an ein

modernes und sich veränderndes Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger

angepasst werden.

  1. Das Sondervermögen zur strategischen Innenstadtentwicklung hat nicht nur

„laufen gelernt“, sondern sich als wichtiger Akteur etabliert. Der Kauf des Bahnhofs

und die baldige Umgestaltung des Eingangstores für Bahnreisende ist nur ein

Beispiel von vielen.

  1. Ausdrücklich begrüßen wir auch die im Stellenplan vorgesehen neuen Stellen für

die Bereiche IT/Digitalisierung der Verwaltung sowie für das

Beteiligungscontrolling. Im Bereich der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes

(OZG) werden die Stellen in der IT dringend benötigt. Die CDU-Fraktion mahnt

hier seit Jahren eine schnellere Realisierung der Vereinfachung der

Verwaltungsführung für MitarbeiterInnen und Bürger durch die Digitalisierung an.

Hier bleiben wir natürlich am Ball! Ebenso freuen wir uns auf die geplante

Implementierung eines kennzahlengestützten Steuerungs- und Berichtswesens

sowie eines engmaschigeren Beteiligungscontrollings, welches mit der neuen

Kämmerin und der neuen Stelle für den Bereich geschaffen werden soll.

 

(Anrede), wo Licht ist, gibt es aber auch Schatten,

über „die längste Bank der Welt“ haben wir im letzten Jahr ausführlich gesprochen.

Gemeint war damit nicht etwa der breit und gut aufgestellte Mittelstand in Emmerich

oder das tatkräftige Ehrenamt, sondern gemeint war die Verwaltung und die Politik. Ich

verzichte auf lange Ausführungen, nenne aber einige Baustellen, welche neben der

Bewältigung der Corona-Pandemie noch offen sind.

  1. Was ist mit dem neuen Bürgerbüro? Seit 2017 warten wir auf

Realisierungsvorschläge!

  1. Eine ganzheitliche Planung für das Megaprojekt Gesamtschule?
  2. Die Neufassung/Abschaffung der Gestaltungssatzung für die Innenstadt?
  3. Dann die Entwicklung der Rheinpromenade? Kaffeklatsch?
  4. Das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK). Viele Maßnahmen liegen hier

nicht mehr im Zeitplan.

  1. Umgestaltung des Dr. Robbers-Parks und des Schulgeländes in Elten. Die Bürger warten seit 2017.                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   „Dieses Projekt geht die Stadt Emmerich am Rhein gemeinsam mit der Eltener und einem ausgewählten Planungsbüro seit Herbst 2017 an“

https://www.emmerich.de/de/inhalt/umgestaltung-dr.-robbers-park/

  1. Personal- und Organisationsuntersuchung von Fachbereich 4?

 

 

(Anrede),

besonders hervorheben möchte ich abschließend noch das Projekt „Wette Telder“.

Die enormen Baukostensteigerungen, der Wechsel des Architekten und des

Förderprogramms wurden in der CDU-Fraktion lange, ausführlich und kontrovers

diskutiert. Die CDU-Fraktion hat das Projekt vor Jahren zusammen mit dem

ehemaligen Bürgermeister Johannes Diks angestoßen. Der Kauf und die Sanierung

und Erhaltung des letzten alten Gebäudes in der Innenstadt war der CDU-Fraktion

immer ein Anliegen, dem wir uns aus der Geschichte unserer Heimatstadt, aber auch

gegenüber zukünftigen Generationen verpflichtet sahen.

Die ursprüngliche Kostenschätzung, aufgrund derer der Rat der Stadt Emmerich am

Rhein den Kauf des Gebäudes in 2017 mit großer Mehrheit beschloss, sah einen

städtischen Kostenanteil von ca. 100 Tsd. € vor. Dass dieser nun in 2021 auf über 800

Tsd. € ansteigt, bereitet uns mehr als nur große Bauchschmerzen. Der Projektabbruch

wurde daher in der Fraktion offen diskutiert.

Nach langer Debatte halten wir aber aus folgenden Gründen am Projekt fest:

  • Die Stadt ist nun Eigentümerin des Gebäudes und zur Sicherung verpflichtet.
  • Ein Abriss kommt nicht in Frage.
  • Es sind bereits erhebliche Kosten entstanden, die bei einem Projektabbruch

verbleiben, aber nicht mehr gefördert würden.

  • Eine einfache „Sicherung“ des Gebäudes ohne weitere Nutzung würde auch

250-400 Tsd. € kosten.

Es bleibt festzuhalten, dass aus heutiger Sicht der Beschluss des Stadtrates aus 2017,

das Gebäude zu erwerben, unter falschen Annahmen und Angaben der Verwaltung

und aller Experten getroffen wurde. Große Teile der CDU-Fraktion sehen diesen

Beschluss rückblickend als Fehler an. Dennoch bleibt festzuhalten, „das Kind ist

bereits 2017 in den Brunnen gefallen“. Wir sehen nach langer Debatte keine andere

vernünftige Option, außer das Projekt zum Ende zu führen.

 

(Anrede),

die CDU-Fraktion hat die Sorgen und den Unmut zum Ausdruck gebracht und die

großen Herausforderungen unserer Stadt benannt. Trotz der benannten Kritikpunkte

werden wir dem Haushalt zustimmen, da wir die Ablehnung des Haushaltes als eine

Art Generalabrechnung für den falschen Weg halten.

Zu Beginn der Haushaltsplanberatungen für das Jahr 2022, welche hoffentlich nicht

mehr unter Corona-Bedingungen stattfinden werden, erinnert die CDU-Fraktion gerne

an das Sprichwort „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ und an die zahlreichen

Maßnahmen und Projekte, welche coronabedingt geschoben wurden.

Abschließend möchte mich bei der Kämmerin und ihrem Team, welches in den letzten

Monaten vor einer sehr schwierigen Situation stand, für die geleistete Arbeit bedanken.

Ebenso möchte ich allen Ehrenamtlichen unserer Stadt danken. Ohne sie wäre unsere

Heimat nicht die, die sie ist.

 

Ich stelle hiermit den Antrag, nach Verwaltungsvorlage mit den im Vorfeld

beschlossenen Änderungen zu beschließen.