16 Jan Interview Matthias Reintjes: „Wichtige Projekte müssen Chefsache sein“
Emmerich Der Fraktionsvorsitzende der CDU in Emmerich spricht über eine mögliche Bürgermeister-Kandidatur in 2020.
Im Herbst 2020 wählen die Emmericher einen neuen Rat und einen neuen Bürgermeister. Matthias Reintjes ist Fraktionsvorsitzender der CDU. Im Interview spricht er über seine beruflichen Ambitionen, die Erweiterung von Kaufland und kritisiert Bürgermeister Peter Hinze.
Herr Reintjes, können Sie sich vorstellen, als Bürgermeister-Kandidat für die CDU ins Rennen zu gehen?
Matthias Reintjes Diese Frage wird die Partei Ende des Jahres, eher aber im Jahr 2020 beantworten. Sicherlich ist man als Vorsitzender ein potentieller Kandidat. Vorrangig beschäftige ich mich jedoch bis dahin mit meiner inhaltlichen Arbeit im Stadtrat, wo es wirklich noch reichlich zu tun gibt. Zur Kommunalwahl wird es wesentlich sein, mit einer Person zu überzeugen, die nicht nur verwalten und delegieren, sondern auch gestalten und anpacken will. Wichtige Projekte müssen einfach Chefsache sein, das sehe ich momentan in Emmerich leider überhaupt nicht.
Emmerich ist Ihre Heimat, im Rat sind Sie seit 2014. Sie kennen sich aus. Deshalb in wenigen Sätzen: Wo sehen Sie Emmerichs Stärken und Schwächen?
Reintjes Emmerich ist einerseits eine reiche Stadt. Reich an attraktiven Ortsteilen, reich an tollen mittelständischen Unternehmen und Industriebetrieben, reich an sozialversicherungspflichtigen Jobs und reich an einer guten Infrastruktur mit Autobahn, Hafen, Bahn und bald auch endlich schnellem Internet. Als Ausflugsziele sind Elten und die Promenade attraktiv. Das führt auch im interkommunalen Vergleich dazu, dass der Haushalt der Stadt sehr gut dasteht. Auf der anderen Seite gibt es aber auch große Herausforderungen wie die Betuwe-Linie, unser im Umbruch befindliches Schulsystem und die unbefriedigende Situation unserer Innenstadt und des Einzelhandels. Hier müssen dringend Impulse her. Die größte Chance und Herausforderung zugleich ist aber der stetige Zuzug von Menschen aus Osteuropa. Das wirkt sich auf immer mehr Bereiche aus. Dadurch ist Emmerich zwar vergleichsweise jung und wächst, aber die Probleme dürfen auch nicht verschwiegen werden. Der Entstehung von Schrottimmobilien, von Mietskasernen für Wanderarbeiter sowie der Ruhestörung und der Vermüllung der Stadt muss viel energischer und nachhaltiger entgegengetreten werden.
Emmerich hat eine schöne Promenade, doch die Innenstadt hinkt hinterher. Was ist aus den zehn Millionen Sondervermögen geworden, die Sie im Sommer 2017 mit der BGE eingefordert haben?
Reintjes Nach langem Drängen von CDU und BGE scheint sich in diesem Jahr eine Lösung unter dem Dach der EGD abzuzeichnen. Mit Udo Jessner und seinem Team hätten wir dann sicherlich einen geeigneten Manager an dieser Stelle, um das Sondervermögen mit Leben zu füllen. Wir müssen dringend neue Impulse in der Innenstadt setzen und wichtige städtebauliche Projekte unkompliziert anpacken können – zum Beispiel den von der CDU angeregten Kauf des Bahnhofes. Das ganze Projekt Sondervermögen hätte man aber auch schneller umsetzen können, hätte sich der Bürgermeister des Projekts beherzt angenommen und die Sache zu seiner eigenen gemacht. Die Notwendigkeit ist ja unumstritten – die Beschlüsse im Rat sind einstimmig. Dem Bürgermeister fehlt es da sowohl an Ideen als auch an Kreativität. Andere Kommunen sind hier deutlich aktiver unterwegs. Ferner brauchen wir dringend ein strategisches Flächenmanagement. Das Debakel am Steintor hat der Bürgermeister maßgeblich verursacht, als er den Kauf des Grundstücks vor Jahren hat platzen lassen, und das nur um kurzsichtig gegen die CDU zu punkten. Ein großer Fehler. Ebenso erwarte ich klare Antworten auf die Frage, wo denn nun die neue Rettungswache entstehen soll. Die Notfallversorgung der Emmericher Bevölkerung ist immens wichtig, da erwartet man schnellere Antworten.
Der Discounter Kaufland bewegt die Emmericher. Soll und kann Emmerich einen neuen Markt am Steintorgelände möglich machen? Oder ist eine Erweiterung von Kaufland am bestehenden Standort eine Alternative?
Reintjes Die Frage ist ja nicht, ob es grundsätzlich möglich ist, sondern vielmehr ob es aus städtebaulicher Sicht und vor dem Hintergrund der Entwicklungen an anderen Stellen eine gute Entscheidung ist. Da habe ich meine Zweifel. Alle Überlegungen der Verwaltung und des Rates der letzten Jahre gehen in eine andere Richtung. Natürlich kann Kaufland für seine Interessen streiten, das ist legitim, muss aber nicht zum Wohle der Stadt sein. Eine Erweiterung, besser noch ein kompletter Neubau am bestehenden Standort, wäre in der Tat eine gute Alternative und auch möglich.
2020 könnten nach dem Wegfall der Prozenthürden für kleine Parteien noch mehr Parteien im Emmericher Rat sitzen als jetzt schon. Was bedeutet das für die CDU?
Reintjes Dass die Zersplitterung im Rat zunehmen wird, kann man bei einem Blick auf den Bundestrend vermuten, es ist für mich aber noch keine ausgemachte Sache. Es ist heute sehr schwer vorherzusagen, wie die Stimmung in 18 Monaten aussieht. Eventuell wird die Mehrheitsfindung noch schwerer werden. Es könnte aber durch neue Spieler auch überraschende neue Konstellationen geben. Das muss man abwarten. Ausgezählt wird am Wahlabend im September 2020. Unser Ziel als CDU ist es natürlich, unseren Platz als letzte Volkspartei zu behaupten. Dafür stehen die Chancen in Emmerich ganz gut.